Metallbauer bei KMH kämpfen für Tarifvertrag

Geschäftsführung setzt auf „Union Busting“

16.01.2019 Ι Sie haben die Nase voll von ungleichen, schwankenden Löhnen und von der 40-Stunden-Woche. Die Beschäftigten von KMH-Kammann Metallbau in Bassum bei Bremen fordern einen fairen Tarifvertrag. Die Geschäftsführung lehnt das ab und hat auf „Union Busting“ spezialisierte Anwälte engagiert.

Warnstreik für Tarifvertrag: KMH-Kammann Metallbau in Bassum. Foto: Markus Wente

Jetzt sind die Beschäftigten des Rohrherstellers bereit für einen Streik. Sie wollen endlich einen Tarifvertrag mit gerechten Löhnen und Gehältern. Seit Sommer 2018 haben IG Metall und Geschäftsführung bereits sechs Mal miteinander verhandelt. Das Ziel: KMH soll die die Flächentarifverträge der IG Metall für das metallverarbeitenden Handwerkes in Niedersachsen anerkennen. Derzeit entscheidet die Geschäftsführung allein, wann es mehr Geld gibt und wieviel.

Häufig liegen gleich mehrere hundert Euro zwischen den Entgelten, für die gleiche Arbeit. Außerdem gilt bei KMH die 40-Stunden-Woche. Der Flächentarifvertrag sieht dagegen 37 Stunden pro Woche vor.

„Unterschiedliche Löhne bei gleicher Arbeit, schwankende Monatseinkommen und überlange Arbeitszeiten haben die Kolleginnen und Kollegen dazu bewogen, sich zu organisieren und einen Tarifvertrag zu fordern“, beschreibt Martin Bauerschäfer von der IG Metall Nienburg-Stadthagen, die Situation.

Anfangs liefen die Verhandlungen zwischen der IG Metall und der Geschäftsführung gut. Ein möglicher Tarifvertrag sollte stufenweise eingeführt werden, die Entgelte schrittweise an das Niveau des Flächentarifvertrags angehoben und die Arbeitszeit abgesenkt werden. Rückwirkend zum 1. Juli 2018 sollte der erste Anpassungsschritt erfolgen.

In einem ersten schriftlichen Angebot ließ KMH-Kammann Metallbau dann aber die Katze aus dem Sack: Den Flächentarifvertrag sollten die Beschäftigten erst im Jahr 2030 zu hundert Prozent erhalten. Ein Stufenplan über zwölf Jahre war für die Mitglieder der IG Metall nicht verhandlungsfähig. Am 20. November traten sie erstmals in der Firmengeschichte in den Warnstreik. Über 100 Kolleginnen und Kollegen beteiligten sich.

Der Druck der Beschäftigten zeigte Wirkung. In der folgenden Verhandlung bewegte sich die Geschäftsführung. Doch die entscheidende Unterschrift blieb aus. „Man könne sich heute nicht endgültig festlegen“. So beendete die Geschäftsführung die Verhandlung.

Geschäftsführung holt Union-Busting-Rechtsanwälte

Und dann wurde der Umgangston plötzlich wurde rauer. KMH tauschte den Verhandlungsführer aus: Die als „Union Buster“ (Gewerkschaftsjäger) bekannte Rechtsanwaltskanzlei „Schreiner und Partner“ übernahm das Ruder.

„Der gesamte Prozess ist seitens der Geschäftsführung nur auf ein Ziel ausgelegt: Vermeidung eines Tarifvertrages“, meint Markus Wente, Verhandlungsführer der IG Metall. „Die Kanzlei Schreiner und Partner soll hierzu den Weg bereiten.“

Was nun folgte, ist wie aus dem Union-Busting-Lehrbuch: Einzelgespräche mit den Beschäftigten, Gruppeninformationen über mehrere Stunden, Aushänge.  Den Betriebsräten wurde verboten Logos der IG Metall zu verwenden. Den Kolleginnen und Kollegen wurde mit Abmahnungen gedroht, wenn sie sich beim Betriebsrat informieren und dafür ihren Arbeitsplatz verlassen. Warnstreikende wurden auf „schwarzen Listen“ vermerkt und ein Streikbrecher riskierte gar Leib und Leben der Kolleginnen und Kollegen, indem er mit einem LKW ohne Vorwarnung die Streikposten durchbrach.

Die Spitze des Eisberges: die Geschäftsführung führt eine schriftliche Abstimmung unter den Beschäftigten durch. Sie sollen entscheiden, ob sie einen Tarifvertrag mit der IG Metall wollen, oder doch lieber eine Vereinbarung zwischen der Geschäftsführung und einer von KMH eingesetzten Mitarbeitervertretung – die dann freilich keine echten gesetzlichen Mitbestimmungsrechte hätte.

„Das ist typisch für die Kanzlei Schreiner und Partner“, erklärt Markus Wente. „Betriebsräte sollen mit arbeitgeberfreundlichen Mitarbeitervertretungen ausgehebelt und die Gewerkschaft aus dem Haus gedrängt werden. Das wäre faktisch die Abschaffung der gesetzlich garantierten Mitbestimmung und Demokratie im Betrieb. Dies ist mit der IG Metall nicht zu machen.“

Verhandlung Ende Januar – notfalls Streik

Ende Januar ist eine weitere Verhandlung geplant – mit Schreiner und Partner am Tisch und damit im Ausgang völlig offen.

„Die Geschäftsführung wäre gut beraten, die Anwälte von Schreiner und Partner vom Hof zu jagen“, appelliert Wente. „Union-Busting Methoden, um demokratische Rechte abzubauen, haben nichts mit einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und Demokratie im Betrieb zu tun.“

Die nächsten Wochen werden entscheidend sein bei KMH Kammann Metallbau in Bassum. Die Forderung der IG Metall-Mitglieder bleibt bestehen: ein rechtssicherer und fairer Tarifvertrag muss her. Notfalls auch mit Streik.