MITBESTIMMUNG STÄRKEN – UNION BUSTING BEKÄMPFEN

Fachtagung Union Busting

Bei Union Busting, also gezielten Angriffen auf Gewerkschaftsmitgliedern, werden aggressive Arbeitgeberpraktiken nicht nur partiell eingesetzt, sondern zu systematischen Kampagnen kombiniert. Im Rahmen der Fachtagung Union Busting am 2. Juli 2019 wurde die erfolgreiche Gegenwehr durch das Zusammenspiel von betriebspolitischen und juristischen Strategien intensiv diskutiert. Ein Gespräch zu Bestandteilen einer planvollen Gegenstrategie mit Hakan Civelek, Geschäftsführer der IG Metall Velbert und Stefan Chatziparaskewas, Fachanwalt für Arbeitsrecht der Kanzlei Vieker & Chatziparaskewas:

Man könnte meinen, dass in der Auseinandersetzung mit Union Busting ein guter Anwalt als Gegenstrategie ausreicht. Warum ist dem nicht so?

HAKAN CIVELEK Weil die Gegenstrategie verschiedene Elemente beinhaltet. Die juristische Auseinandersetzung ist zwar sehr wichtig, stellt jedoch nur einen Teil der Gegenstrategie dar. Die anwaltliche Unterstützung dient zum einen dem Zweck, dem juristischen Druck standzuhalten und zum anderen, selbst aktiv zu werden und juristisches Störmanöver einzuleiten. Das heißt alle Möglichkeiten der Mitbestimmung ausschöpfen und gerichtlich gegen den Arbeitgeber vorgehen. Quasi »den Spieß umzudrehen«, nach dem Motto »was der Arbeitgeber kann, können wir schon lange«.

STEFAN CHATZIPARASKEWAS Anwältinnen und Anwälte übernehmen in solchen Konflikten meist eine begleitende und beratende Rolle. Der Konflikt wird lediglich rein oberflächlich  auf der rechtlichen oder gerichtlichen Ebene geführt. Eigentlich geht der Konflikt viel tiefer und zielt häufig auf die Zerstörung des Betriebsrats ab. Dazu sind die rechtlichen Angriffspunkte lediglich ein Vehikel. Genau so sind auch wir Anwälte nur diejenigen, die sich mit dem Vehikel befassen, aber nicht mit dem Kern der Auseinandersetzung. Der Kern liegt tiefer und muss betriebspolitisch gelöst werden.

Das heißt, für Euch ist Angriff die beste Verteidigung?

HAKAN CIVELEK In jedem Fall! Wenn der Arbeitgeber beabsichtigt den Betriebsrat zu schwächen oder gar zu vernichten, dann hilft kein Reden. Dann muss gehandelt werden. Dem Druck kann man nur mit Gegendruck begegnen. Dieser muss stringent, zeitnah und auf allen Ebenen erzeugt werden. Die Öffentlichkeit muss von diesem Skandal erfahren. Hierbei ist fast alles möglich und vieles sinnvoll, wie beispielsweise: Die Presse informieren, Demonstrationen organisieren, Kontakt zu Kommunalpolitikern aufnehmen, Kunden informieren und so weiter.

STEFAN CHATZIPARASKEWAS Dabei sollte man sich nicht nur mit den Themen des Arbeitgebers zu befassen. Die Arbeitgeber suchen sich ja Themen aus, in denen sie sich  vermeintlich stark fühlen, in denen Sie also gefühlt gute rechtliche Karten haben. Wir sollten den Arbeitgeber also mit unseren Themen beschäftigen, in denen wir dem Arbeitgeber deutlich machen können, dass er ohne ein Miteinander mit dem Betriebsrat auch hinsichtlich seiner betrieblichen Ziele nicht weiterkommt. Der Arbeitgeber muss ein eigenes Interesse an einer Lösung des Konfliktes haben. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung und zur Beendigung der Eskalation ist dann häufig eine Mediation ein sehr gutes Mittel, um die Parteien wieder zueinanderzubringen. Ohne den Gesamtkonflikt zu schüren, gelingt es aber nicht, in eine zielführende Mediation zu kommen.

Dabei gilt es die Belegschaft mitzunehmen?

HAKAN CIVELEK  Ja absolut. Ohne Rückendeckung und Zusammenhalt der Belegschaft ist es sehr viel schwieriger, dem Druck standzuhalten. Hier bedarf es einer sehr engen Bindung zur Belegschaft. Das gelingt nur durch Transparenz und intensive Kommunikation mit den Kolleginnen und Kollegen. Selbst wenn eine Spaltung der Belegschaft nur schwer zu verhindern ist, so gilt es, zumindest dafür zu kämpfen, die Mehrheit der Belegschaft zu überzeugen und zu solidarisieren.

STEFAN CHATZIPARASKEWAS Das Wichtigste ist: Ruhe bewahren und strategisch arbeiten! Insgesamt benötigt man für eine solche Auseinandersetzung ein großes Unterstützerteam
unterschiedlicher Professionen, bspw. Gewerkschafter, Anwälte, Coaches und Familienmitglieder etc. Mit diesem Team sollte man eine zielgerichtete Gesamtstrategie erarbeiten, um dem Arbeitgeber deutlich zu machen, dass er sich mit seinem Weg des Konfliktes in eine Sackgasse bewegt. Dabei ist es für die betriebliche Solidarität essenziell, dass der Betriebsrat und die Gewerkschaft die unterschiedlichen Themen und Schritte zielgerichtet und strategisch in der Belegschaft und Mitgliedschaft kommunizieren.

Welchen Tipp gebt Ihr Kolleginnen und Kollegen, die mit Union Busting konfrontiert werden?

HAKAN CIVELEK  Nicht zögern und hoffen, dass alles gut wird, sondern sofort tätig werden und gemeinsam mit der IG Metall konsequent dagegen vorgehen. Die Schwächungs-  beziehungsweise Vernichtungsversuche des Arbeitgebers müssen sozusagen im Keim erstickt werden. Und das kann nur gelingen, wenn man keine Scheu vor dem Konflikt hat und  stark aufgestellt ist. Damit das geht, brauchen wir ein Netzwerk aus Experten vor Ort.

STEFAN CHATZIPARASKEWAS  Meiner Erfahrung nach ist es sehr hilfreich, wenn nicht notwendig, dass es uns gelingt, uns auch in der insgesamt sehr stressigen Zeit und in einzelnen vermeintlich schwierigen Situationen den Spaß zu bewahren. Es handelt sich meist um einen sehr langwierigen, aufreibenden und aber auch durchaus spannenden Abnutzungskampf, den man aber im Zweifel gewinnt, wenn man solidarisch bleibt, die Ruhe bewahrt und über die Strecke nicht die Energie verliert. Sich den Spaß an der Arbeit zu bewahren, ist das beste  Mittel, um gesund zu bleiben und den Konflikt in aller Ruhe erfolgreich zu führen.

Irene Schulz sprach auf der Fachtagung Union Busting deutliche Worte:

Gut organisierte Belegschaften sind unsere Stärke im Betrieb – das ist der beste Schutz gegen Angst und aggressive Arbeitgeber. Betriebspolitische Offensivstrategien sind ebenso grundlegend und entscheidend wie Vernetzung, Austausch und juristische Unterstützung. Mit unserem Netzwerk aus Experten entwickeln wir gemeinsam Gegenstrategien und organisieren Solidarität mit den Betroffenen. Denn klar ist: Wer einzelne Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter und Betriebsräte angreift, greift uns alle an. Betroffen ist einer – gemeint sind alle!

Irene Schulz, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied